Vorgeschichte: Die "Amtsvogtei Bißendorf" wurde bis ins 15. Jahrhundert als Wedemark, dann als Vogtei Bissendorf, seit der Mitte des 17. Jahrhunderts schließlich als Amtsvogtei Bissendorf bezeichnet. Sie umfasste im 15. Jahrhundert Ortschaften und Gehöfte der Kirchspiele Brelingen, Bissendorf, Mellendorf, Engelbostel und Helstorf und hatte damit im Wesentlichen den Umfang, der auch für das 18. Jahrhundert belegt ist. Die Wedemark bildete ursprünglich einen Go, dessen Gericht im 15. Jahrhundert vom Celler Vogt in Mellendorf gehalten wurde. Entstehung der Ämter: Mit der Ausweitung der Territorialherrschaft bis zum 16. Jh. verändert sich die Herrschaftsstruktur in den einzelnen feudalen Herrschaftsbereichen. Den Landesherren ging es darum, die Macht und Gerichtsherrschaft der unter ihnen stehenden Adeligen einzuschränken. Mit dem Zeitalter des Absolutismus entstand eine neuzeitliche Organisation der lüneburgischen Amtsverfassung. Zwischen 1552 und 1563 gab es neue Richtlinien für die Verwaltung des landesherrlichen Grundbesitzes und aller obrigkeitlichen Hoheitsrechte. Aus den sehr selbstständigen Go-Bezirken und Vogteien mit den dazugehörigen unabhängigen Gerichten, die sächsisches Recht sprachen, wurden Ämter, ohne dass sich die Grenzen dieser Gebiete veränderten. Nach 1560 hielten sich die Bezeichnungen Amtsvogtei und Amtsvogt bis 1852. Vor dieser Zeit wurden die Leiter dieser Bezirke wechselnd Gogrefen oder Vögte genannt. Es bestand die Verknüpfung von Verwaltung und Justiz. Struktur der Ämter: An der Spitze der Ämter stand ein Amtmann, der vom Herzog eingesetzt wurde. Zwischen dem Fürsten, der den Amtmann einsetzte und dem Amtmann, der für die fürstlichen Einkünfte durch Abgaben, Hand- und Spanndienste und Landfolgedienste sorgte, bestand ein Verhältnis von „Gabe und Gegengabe“ (Ernst Schubert). Sie waren Verwaltungsmittelpunkt für den herzoglichen Grundbesitz, d. h. sie erhoben die dem Herzog zustehenden grundherrschaftlichen Abgaben. Zum Amt gehörte der sogenannte Amtshof, eine „Eigenwirtschaft“ des Amtmanns, die er selbst als Einkommensquelle verwaltete, die aber seit dem 17. Jahrhundert meist verpachtet wurde. Unterstellt waren die Ämter der herzoglichen Finanzverwaltung, der Rentkammer in Celle. Sie nahmen also die herzoglichen Herrschaftsrechte wahr und waren an der Erhebung landesherrlicher Steuern beteiligt. Außderdem waren sie Gerichtsstandort für viele unterschiedliche Justizfälle. Revolutionäres Zwischenspiel: 1694 hatte es eine Verwaltungsreform gegeben, unter dem Vorbild des Absolutismus und im Rahmen der Ausdehnung der Territorialherrschaft, die die Adelsmacht zurückdrängte. Sie blieb bestehen, bis sie – in der Zeit von 1803 bis 1813 - zur Zeit der französischen Besetzung in revolutionärer Weise durch die von Napoleon verordnete „Constitution des Königreichs Westphalen“ umgestürzt wurde, und zwar wegen der Einführung des „Code Napoleon“ und einer Verfassung, d.h. unter anderem die Abschaffung der Adelsprivilegien und der Leibeigenschaft, gleiches Bürgerrecht für alle, ein einheitliches Steuerrecht, Trennung von Verwaltung und Justiz, Schöffengerichte, Öffentlichkeit der Verhandlungen, Neugliederung der Verwaltung, Gewerbefreiheit usw. „Neuordnung“ im Zeichen der Restauration: Nach der Niederlage bei Waterloo 1815 und dem Wiener Kongress kehrte Georg III., neuer König des Königreichs Hannover, zurück und etablierte die „alte Ordnung“ aufs Neue. Das konnte aber nicht die jüngste Geschichte und die beginnende gesellschaftliche Dynamik ignorieren. 1814 wurde dem Amt Bissendorf bereits das kleinere Amt Essel unterstellt, diese neue Verwaltungseinheit hieß jetzt "Amtsvogtei Bissendorf-Essel" Von 1816 –1852 wurde die Verwaltungsgliederung mehrfach verändert: Zur Verwaltung des Königreichs Hannover wurden Mittelbehörden gebildet, die zunächst Provinzialregierung und ab 1823 Landdrostei hießen. Die Amtsvogteien waren Untergliederungen dieser neuen Behörden. Das Ende der Amtsvogtei: Nach der Revolution von 1848 wurde im Königreich Hannover in einer „Großen Justizreform“ die Rechtsprechung von der Verwaltung getrennt und die Patrimonialgerichtsbarkeit abgeschafft. Das Amtsgericht wurde daraufhin mit der Verordnung vom 7. August 1852 als "Königlich hannoversches Amtsgericht" gegründet. Das Amt Bissendorf wurde dem Amt Burgwedel zugeordnet, das Amtsgericht Bissendorf wurde 1859 dem Gerichtsbezirk Burgwedel angegliedert und damit endet die Geschichte der Amtsvogtei Bissendorf – als Einheit aus Verwaltung und Gericht – endgültig.
Amtshof mit renoviertem Amtshaus und Neubau des Amtshauses II (Bürgerhaus der Gemeinde Wedemark, Februar 2022 (Foto: Karen Kolp)
Quelle: Luftaufnahme des Amtshof-Ensembles - von Westen her - während einer Festveranstaltung: vorn Mitte: Sparkasse auf dem Gelände der ehemaligen Schule, rechts davon das Bartenshaus /Dedeke, Mitte links: das heutige Bürgerhaus, früher das alte Amtshaus II, rechts davon Bücherei und Museum, Mitte oben: das Amtshaus, Wohnhaus des Amtsvogts, rechts davon das Kavaliershaus. (Foto aus vdem Privatbesitz von Rainer Gerth)
Es folgen einige Pläne des Amtshofes von 1820. (Sie werden später noch erläutert.)
Quelle: s.o., Public Domain
Bearbeitete Planskizze:
Hinweis: Auf dem Original-Plan ist das bestehende Kavaliershaus aus unbekannten Gründen nicht eingezeichnet, daher wurde es mit einem hellblauen Quadrat hinzugefügt, Bearbeitung K. Kolb, 2021.
Zeitleiste zur Geschichte der Amtsvogtei
Copyright: Reinhard Tegtmeier-Blanck
Schaukasten beim Amtshof mit Kurzinformation zur Dorfgeschichte und den alten Höfen :