um 990 (A. 11. Jh.) Aingaburstalde (UB H. Hild. I Nr. 35 S. 24) vor 1007 (A. 15. Jh.) Haingaburstalle (UB H. Hild. I Nr. 40 S. 30) 1033 Hel[i]ngaburstalla (MGH DK II Nr. 192 S. 255) 1312 Oynkborstelde (Sudendorf I Nr. 184 S. 113) 1385-1397 Eyenborstele (Sudendorf VI Nr. 109 S. 113) 1385-1397 Eyinkborstele (Sudendorf VI Nr. 109 S. 113) 1391 Oyngborstele (Sudendorf VI Nr. 109 S. 117) 1438 Oyngebostell (Grieser, Schatzregister S. 10) 1487-1488 Eyngeborstel (Dormeier, Verwaltung S. 477) 1534 Oygenborstell (Bredanlagu, Aingaburstalde S. 289) 1589 Ögenbostel (Brandt, Wedemark S. 20) 1625 Ögenbostell (Gimmler, Mellendorf S. 427) 1668 Ögenbostel (Bredanlagu, Aingaburstalde S. 233) 1791 Oegenbostel (Scharf, Samlungen II S. 172)
I. Das GW -borstel zeigt die für diesen ON-Typ im allgemeinen zu beobachtende Veränderung von -burstal > -borstel > -bostel. In der Überlieferung scheint es auf Grund der Entwicklung des Diphthongs in der Anfangssilbe des BW (Aing-, Haing-, Oynk-, Eyink-, Oygen-, Eninck-, Ögen-) keine einheitliche Entwicklung zu geben, jedoch kann dieses Problem mit Hilfe der Etymologie des ON geklärt werden (s.u.).
II. Nach Förstemann, Ortsnamen 1 Sp. 17 gehört der ON zu den PN um Ag. Genauer stellt er (Personennamen Sp. 17) den Namen zu Aging-, der in ON wie Aging-hem, Aginge-husen, Egincthorp vermutet wird. Demgegenüber ist nach Meinung von Engelke, Marsthemgau S. 251 *He(l)ingaburstalla die mutmaßli- che Grundform und bei der Deutung von ihr auszugehen. Auch Duensing, Eilve- se S. 103 favorisiert diese Möglichkeit und erklärt den Namen als Heiligenborstel. Im Sammelband Mandelsloh wird auf S. 52 dagegen ein PN Aigen vermutet. Franke, -borstel S. 44 schreibt: „zusammengesetzter ON zum PN Ago (belegt bei E. Förstemann ...) oder Aio (so Fiesel, Borstel S. 11) ... ‘Sied- lungsstelle des Ago oder Aio’“.
III. Bei der Deutung ist dem Vorschlag von E. Förstemann zu folgen. Alle ande- ren Vorschläge gehen fehl. Sie berücksichtigen nicht die bunte Vielfalt des Voka- lismus, die ja eine Ursache haben muß. Diese kann nur in dem Ausfall eines intervokalischen Konsonanten liegen, zumeist -d- oder -g-. Auf Grund der zu vergleichenden PN liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein -g- vor. Weiter ist zu berücksichtigen, daß keine Kombination PN und -borstel vorliegt, sondern PN und -inge-borstel, oder (noch genauer und durch die ältesten Belege erwiesen) PN und -inga-burstal. Somit ergibt sich folgende Entwicklung: eine Grundform *Aginga-burstal führte zunächst zu *Aginge-burstal und durch Ausfall des in- tervokalischen -g- zu Ainge-borstel. Eine in den nd. Mundarten weit verbreitete Tendenz zur Rundung (elf - ölf) entwickelt aus *Einink-/Eienborstel über Oinge- borstel und Oing-/Oink-borstel schließlich Ögenbostel, wobei bei der letzten Pha- se eine Umstellung der Konsonanten mitgespielt haben wird, die wohl begünstigt wurde durch die zahlreichen ähnlichen Bildungen wie Dudenbostel, Egenbostel, Hardenbostel, Hohenbostel usw. Der zu Grunde liegende PN Ago findet sich gut belegt bei Förstemann, Personennamen Sp. 15 und Schlaug, Altsächs. Personen- namen S. 39. Dessen Grundlage ist nicht mehr eindeutig zu bestimmen: vielleicht liegt germ. *agi- (wie in got. agis „Schrecken“) oder *agi- (wie in asä. eggia „Schneide, Schwert“) vor.
Ohainski, Uwe, Udolph, Jürgen (Hg), NIEDERSÄCHSISCHES ORTSNAMENBUCH, Teil I, Die Ortsnamen des Landkreises und der Stadt Hannover, Bielefeld 1998Zur Bearbeitung hier klicken.
Plumhof
1381 Plumhof (Sudendorf V Nr. 226 S. 265) 1431 Diderik und Hans geheten de Plumhoven van de Wermelage (Hausbuch Hannover S. 190) 1438 Plumhove (Grieser, Schatzregister S. 10) 1487-1488 Blumenhofe (Dormeier, Verwaltung S. 477) 1487-1488 Blumhofe (Dormeier, Verwaltung S. 478) 1519 zu den Plumhofen (Roßmann/Doebner, Stiftsfehde S. 365) 1589 Plumhoff (Brandt, Wedemark S. 20) 1625 Den Plumhoffern (Gimmler, Mellendorf S. 427) 1791 Plumhof (Scharf, Samlungen II S. 182)
I. Die wenigen Belege zeigen hauptsächlich Veränderungen, die auf die Flexion zurückgehen (to dem Plumhove, geheten de Plumhoven, den Plumhoffern). Aus dem Rahmen fallen die beiden Belege von 1487-1488. Bei ihnen könnte es sich zum einen um simple Verschreibungen handeln oder um das Hineindeuten von hd. Blume, das dann aber von einem hd. sprechenden Schreiber stammen müßte, da es im Mnd. blome heißen muß.
II. Sprockhoff, Familie S. 2 erklärt den Namen als „Pflaumenhof“.
III. Zugrunde liegt eine Verbindung aus mnd. plume „Pflaume“ (vgl. etwa auch plûm-bôm „Pflaumenbaum“) und hof „Hof, Wohnsitz, Bauernhof“. Die Einzahl im ON (to dem Plumhove) weist auf einen Einzelhof als Kern der Siedlung hin. Entsprechendes gilt für die benachbarten → Berkhof und → Gailhof.
Resse
vor 1007 (A. 15. Jh.) Hrokke (UB H Hild. I Nr. 40 S. 30) 1232-1255 Luderus de Rocze (Calenb. UB V Nr. 48 S. 43) 1430 tom Retze (Engelke, Marsthemgau S. 255) 1438 Resse (Grieser, Schatzregister S. 12) 1470 tom Resse (Gimmler, Mellendorf S. 62) 1497 tom Retze (Engelke, Marsthemgau S. 255) 1528 Resse (Brauns, Eilenriede S. 71) 1548 Reße (Bode, Untertanenverzeichnis S. 7) 1589 Zum Riße (Brandt, Wedemark S. 20) 1612 zum Resse (Erbregister Langenhagen I S. 19) 1634 Reße (Erbregister Langenhagen I S. 117) 1672 zu Reße (Gimmler, Mellendorf S. 93) 1699 Reße (Bode, Untertanenverzeichnis S. 10) 1746-54 Reße (Bode, Amtsbeschreibung S. 47) 1791 Resse (Scharf, Samlungen II S. 190)
I. Nach Plath, Kananburg S. 122 ist Resse mit dem um 1000 erwähnten Gereshus identisch. Dazu → † Eilgereshus. Ausgehend von der belegten Grundform Hrok- ke verliert der ON zunächst das anlautende -h-, was in der Kombination -hr- im Anlaut durchaus üblich ist. Die zu beobachtenden Schwankungen im Konsonan- tismus -kk-, -cz-, -tz-, -ss-, -ß- erklären sich durch das Einwirken des Zetazismus. Zum Wechsel des Stammsilbenvokals von -o- zu -e- vgl. unter III.
II. Förstemann, Ortsnamen 1 Sp. 1464 stellt den Namen zu einem Ansatz Hrok (hrôk), unter dem er aber zwei Wortgruppen zusammenfaßt. Zum einen nennt er engl. rook, ags. hrôc, anord. hrókr und mhd. ruoch „saatkrähe, heher“, zum an- deren anord. hraukr, ags. hr>ac, nl.-fries. rook, ruk „haufen, heustapel“. Bei der Zuordnung von ON trifft er keine Entscheidung, stellt aber mit Resse zusammen Raken bei Haren an der Ems, Röcke bei Bückeburg, eine wüste Burg Ruck bei Blaubeuern, Rocklum (Kr. Wolfenbüttel) und Roxel bei Münster. Wegen eines mehrfach erwähnten wendischen Friedhofs nimmt Kaemling, Garbsen S. 52 für den ON „slav.-wend. Ursprung“ an. Plath, Kananburg S. 117 meint unter Bezug auf Kaufmann, Ergänzungsband S. 119: „Hrokke ist ein Spottname und geht auf ahd. (h)ruoch(o) in der Bedeutung Saatkrähe, Häher zurück“.
III. Für eine slav. Herkunft des Namens gibt es keine Hinweise. Der Deutungs- versuch Plaths macht wenig Sinn, da ein Ortsname, der nur Krähe bedeutet oder nur einen PN ohne ein GW beinhaltet, auszuschließen ist. Es kann gar kein Zwei- fel daran bestehen, daß der Name auf einem germ. Wort „Erhöhung, Höhe“ basiert, das in anord. hraukr, ags. hr>ac, nl.-fries. rook, ruk „Haufen, Heustapel“ fortlebt. Dieser muß, um die Entwicklung von -o- zu -e- und die Verdoppelung des -k- zu erklären, in der germ. Grundform *(h)raukj= angesetzt werden. Aus diesem wird im Asä. regelgerecht *rokkja, wobei das -j- eine Gemierung des -k- bewirkt und weiterhin den allerdings graphisch nicht bezeichneten Umlaut (*Rökke, *Rötze) auslöst. Die -ja-Ableitung selbst taucht in den Belegen nur zu -e- abgeschliffen auf. Schon früh kommt es zur Entrundung, die -ö- > -e- werden ließ (vgl. dazu Sarauw, Vergl. Lautlehre S. 313). Die Deutung ist also „(Siedlung am) Hügel, an der Erhöhung“, was durch die Lage Resses auch gestützt wird. Ein Blick auf die Karte zeigt, daß der Ort deutlich erhöht zwischen zwei Mooren liegt. Das sah auch Plath, Kananburg S. 117, wenn er angibt: „zwischen zwei Mooren auf einer schmalen Landzunge gelegen“. Es ist eine auffallende Lage, die nicht so sehr wegen des geringen Höhenunterschiedes (es geht um nicht ganz 10 m) wichtig ist, sondern um die zwischen zwei großen Mooren gelegene schma- le Erhöhung, die einen natürlichen Durchgang durch das Moor bildet. Nicht von ungefähr verlief daher auch die alte Bistumsgrenze entlang dieses Höhenrük- kens. In der altertümlichen Wortbildung sind → Eckerde (*Agrs=) und → Hemmingen (*Hams=) mit Resse eng verwandt. Das bei Resse enthaltene nordgerm. Wort liegt auch vor in den bekannten Raukar auf Gotland, bizarre Felsen und Fels- brocken, die allerdings in ihren Ausmaßen wesentlich beeindruckender sind.
Rodenbostel
1381-82 Rodenborstele (Sudendorf V Nr. 226 S. 264) 1438 Rodenborstell (Grieser, Schatzregister S. 10) 1487-1488 Rodenbostel (Dormeier, Verwaltung S. 475) um 1616 Rodenn Postell (Casemir/Ohainski, Territorium S. 68)
1625 Rodenbostell (Gimmler, Mellendorf S. 427) 1791 Rodenbostel (Scharf, Samlungen II S. 193)
I. In der Überlieferung gibt es nur unwesentliche Schwankungen, die sich vor allem auf die Entwicklung -borstel > -bostel beziehen.
II. Franke, -borstel S. 46, schreibt zusammenfassend: „ zusammengesetzter ON, eventuell, wie L. Fiesel ... meint, zum Familiennamen Rode, der häufig in der Gegend belegt ist; denkbar wäre aber auch ein Anschluß an das Verb roden. ‘Siedlungsstelle der Familie Rode’ oder ‘durch Rodung entstandene Siedlungs- stelle’“. Im Sammelband Mandelsloh 985 wird auf S. 52 an einen Zusammenhang mit einem FlurN Rode gedacht.
III. Verfehlt ist der Vorschlag, an eine Verbindung von roden + borstel zu den- ken. Sinngemäß wäre das zu verstehen als „(ein) Borstel, das rodet“. Aber auch ein FamN kommt kaum in Betracht, da -borstel-Namen in erster Linie mit PN (= Vornamen) verbunden sind. Vgl. die über 100 Belege bei H. Franke, -borstel S. 67ff. So sollte man für Rodenbostel neben den GW -borstel einen schwach flektierenden PN suchen. Er liegt als asä. PN vor in den Formen Hrodo (Schlaug, Altsächs. Personennamen S. 116) bzw. Rotho (Schlaug, Studien S. 221) und ist in seiner Grundbedeutung zu asä. (h)rôð- „Ruhm“ zu stellen.
Schadehop
um 1353 to deme Scadehope (UB von Alten S. 60) 1439 Schadehope (UB von Alten S. 140) 1445 toem Schadehope (UB von Alten S. 148) Mi. 15. Jh. Scadehop (Hodenberg, Lehnregister Nr. 1094 S. 87) 1511 Schadehoep (Bredanlagu, Aingaburstalde S. 230) 1543 de [...] Schadehoper tegede (Kayser, Kirchenvisitationen S. 494) 1668 zu Schadehop (Bredanlagu, Aingaburstalde S. 233) 1686 Schadehop (Bredanlagu, Aingaburstalde S. 240) 1732 Schadehop (Bredanlagu, Aingaburstalde S. 238) 1791 Schadehof (Scharf, Samlungen II S. 200)
I. Die Belege variieren kaum. Die ältere Form mit anlautendem Sk- verändert sich entsprechend der nd. Entwicklung lautgerecht in Sch-; im 18. Jh. wechselt das GW zu -hof, was sich jedoch nicht durchsetzen kann.
II. Nach Bredanlagu, Aingaburstalde S. 56 weise schade auf schlechtes Land und hop stehe für Erhöhung.
III. In der Bestimmung des GW mnd. hôp „Erdaufwurf, kleine Erderhöhung, feste Stelle in Sumpf und Moor“ (Scheuermann, Flurnamenforschung S. 127) kann der vorliegenden Deutung gefolgt werden. Anders verhält es sich mit dem BW skade, das als „schlechtes Land“ nicht bezeugt ist. Wahrscheinlich hilft der Vergleich mit ON, die das Element ebenfalls enthalten. Dazu gehört Schadehorn bei Bad Oldesloe, alt Scadehorn, in dem Laur, Hist. Ortsnamenlexikon S. 567 dt. schade, mnd. schâde sieht und dafür in ON eine Bedeutung „klein, abseits gele- gen“ ansetzt. In gleicher Weise deutet Laur, ON Schaumburg S. 64 Schoholten- sen bei Rehren, 1551 Schadeholtensen und Schohusen bei Oldenburg, 1260 Scathehusen. Demnach wäre Schadehop als „kleine, abseits gelegene Erhöhung“ verstehen. Prüft man die geographische Lage von Schadehop, Schadehorn, Schohusen und Schoholtensen, so bietet sich eine andere, bessere Möglichkeit an: alle liegen nördlich von Erhebungen und Hügeln. Daher ist wohl für das BW eher an mnd. schade „Schatten“ zu denken und der ON als „im Schatten liegende Erhöhung“ oder als „Schatten werfende Erhöhung“ zu verstehen.
Scherenbostel
1360 to dem Scherenborstle (Hodenberg, Lehnregister S. 30 Nr. 315) 14. Jh. Schermborstelle (Spilcker, Wölpe S. 293) 1438 Scherenborstell (Grieser, Schatzregister S. 11) 1477 Henneke Schernbostel (Hausbuch Hannover S. 43) 1487-1488 Schereborstel (Dormeier, Verwaltung S. 477) 1589 Scherenbostell (Brandt, Wedemark S. 20) 1625 Scherenbostell (Gimmler, Mellendorf S. 428) 1791 Scherenbostel (Scharf, Samlungen II S. 202)
I. Die Belege zeigen bis auf das nicht belastbare Scherm- des zweiten Beleges und den üblichen Wandel borstel zu bostel kaum Veränderungen.
II. Franke, -borstel S. 47 schreibt: „zusammengesetzter ON, vielleicht zum Subst. mnd. schîr ‘Scheidewand, Grenze’. E. Förstemann ... weist auf die Mög- lichkeit der Zusammensetzung mit diesem BW besonders in Nordwestfalen und Jeverland hin“.
III. Die Deutung des Namens stößt auf mehrere Probleme. Die Deutung von Franke unter Bezug auf Förstemann ist kaum zu halten, da ein solches Wort im Mnd. nicht belegt ist und die Herleitung bei Förstemann fragwürdig erscheint. Eine Verbindung von dt. Schere und borstel ergibt keinen Sinn. Auch skarn „Mist, Sumpf, Morast“ (→ Scharnhorst) bleibt fern, da kein umlauterzeugendes -i- vorhanden ist. Auch die Verbindung mit einen PN, woran gerade bei -borstel- Namen zu denken ist, weist erhebliche Schwierigkeiten auf. Zwar sind bei För- stemann, Personennamen Sp. 1304 einige PN verzeichnet so Scarius (latinisiert), Scerun (Akk.), Skerilo, Scering (vgl. Schering), Sceriberga, Scaramunt, die zum PN-Stamm Scara- gehören, aber auch dieser Anschluß scheitert am Umlaut, da von einem schwach flektierenden PN *Skaro ohne Umlaut kaum ein Weg zu Scheren führt. Obendrein ist der PN weder als Erst- noch als Zweitglied im asä. PN-Schatz nachweisbar. Am ehesten ist deshalb an mnd. sch>r(e) „Felszacken, Klippe im Meer oder Fluß, Schäre“ zu denken. Der Bezugspunkt wäre der direkt östlich von Scherenbostel gelegene Husahlsberg, der sich mit seinen fast 79 m über NN deutlich aus seiner Umgebung abhebt. Das mnd. sch>r würde hier al- lerdings für eine im Vergleich zu anderen Gebieten recht kleine Felszacke oder besser einen Hügel stehen.
Wennebostel
1330-1352 Weneborstle (Hodenberg, Lehnregister S. 15 Nr. 76) 1360 Weneborstle (Hodenberg, Lehnregister Nr. 315 S. 30) 1377 Weyemborstolde (Sudendorf V Nr. 124 S. 139) 1381-1382 Weneborstele (Sudendorf V Nr. 226 S. 264) 1393 Wendevorstelde [!] (Fiedeler, Mandelsloh Nr. 9 S. 296) 1409 Hennighe van Wendeborstele (UB Stadt Hild. V S. 366) 1415 Wendeborstelde (Fiedeler, Mandelsloh Nr. 11 S. 307) 1438 Weneborstell (Grieser, Schatzregister S. 11) 1487-1488 Wenigenborstel (Dormeier, Verwaltung S. 478) 1487-1488 Wenneborstel (Dormeier, Verwaltung S. 476) 1529 Wenebostel (Gimmler, Mellendorf S. 415) 1534 Weneborstell (Gimmler, Mellendorf S. 418) 1543 Wendeborstell (Fiedeler, Mandelsloh Nr. 16 S. 327) 1543 Wenigbostel (Kayser, Kirchenvisitationen S. 493) 1568 Wenneborstell (Gimmler, Mellendorf S. 419) 1589 Weneborstell (Brandt, Wedemark S. 20) 1625 Wennebostell (Gimmler, Mellendorf S. 428) 1791 Wendenbostel (Scharf, Samlungen II S. 244)
I. Die Zuordnung des Beleges von 1377 Weyemborstolde, der von Franke, -borstel S. 51 hierhergestellt wird, ist unsicher. Wären nur die Belege des 14. Jh. und die heutige amtliche Schreibung vorhanden, so hätte der ON kaum Verände- rungen erfahren, sieht man von der Entwicklung des GW -borstel, die ganz re- gelmäßig verläuft, ab. Es ist aber zu beobachten, daß verschiedene Wörter auf das BW einwirkten, ohne daß das auf die Etymologie Einfluß hat. Ende des 14. bis ins 18. Jh. erscheinen immer wieder d-haltige Formen, die vielleicht auf den Einfluß des Verb mnd. „wenden“ oder auf den Namen der Wenden zu- rückgehen. Im 15. und 16. Jh. erscheinen obendrein im BW Formen, die we- nig(en) lauten, also vielleicht auf die geringe Größe des Ortes anspielen.
II. Gerade auf den isolierten Beleg von 1377 stützt sich Franke, -borstel S. 51, wenn er ausführt: „zusammengesetzter ON, vielleicht zum PN Wajo, wie Fiesel, Borstel, S. 13 in Anschluß an L. Bückmann vermutet. Dieser Name ist jedoch sonst nicht nachgewiesen“. Dieser Vermutung ist man im Sammelband Mandels- loh S. 52 gefolgt. Ganz anders erwägt Brandt, Wedemark S. 45 eine Verbindung zu dt. wenden und setzt hinzu: „Die Wagen, die ins Dorf gefahren waren, mußten zunächst wenden, damit sie Wennebostel verlassen konnten“.
III. Das Grundwort ist unstrittig -borstel. Für die Deutung des BW ist aber we- der vom isolierten Beleg von 1377 noch von den abweichenden Belegen des 14.- 18. Jh., die wohl in Analogie zu Appellativen gebildet sind, auszugehen, sondern von den ersten Belegen, die Wene-borstle zeigen. Wie häufig bei -borstel-Namen, so ist auch hier zuerst nach einem PN zu suchen. Dieser kann jedoch nicht mask. gewesen sein, da die typischen Gen.-Endungen -s oder -en fehlen. So darf man durchaus einen fem. PN erwägen, denn die @-Deklination des Asä. verlangt im Sg. z.B. bei ge:a „Gabe“ -a, -e oder -u, woraus im Mnd. und späteren Sprachstu- fen -e werden mußte. Der zu erwartende fem. PN findet sich wahrscheinlich unter wân „Hoffnung“ (dt. wähnen), da „als erster Teil Wan- durch Wen- sehr leicht in vini“ übergeht (Förstemann, Personennamen Sp. 1521), und daher ent- weder als Entsprechung zu dem weibl. PN Wana (ebda., Sp. 1522), oder aber unter Wina (Förstemann, Personennamen Sp. 1611), Bildung zu wini „Freund“. Der erforderliche -e-Vokalismus ist aber auch in asä. PN bezeugt, vgl. Wenni, Vuen, Wenna, Wenno bei Schlaug, Studien S. 228 (wobei allerdings auch eine Zusammenziehung aus Wern- erwogen wird und sich damit eine andere Etymo- logie des PN ergäbe).
Wiechendorf
1330-1352 Wichmanstorpe (Hodenberg, Lehnregister Nr. 287 S. 27) 1438 Wichmandorppe (Grieser, Schatzregister S. 11) 1455 Wichmendorppe (Gimmler, Mellendorf S. 57) 1472 Wichmendorp (UB Celle Nr. 303 S. 260) 1487-1488 Weichmansdorff (Dormeier, Verwaltung S. 478) 1589 Wichmandorff (Brandt, Wedemark S. 19) 1625 Wichendorff (Gimmler, Mellendorf S. 428) 1791 Wichendorf (Scharf, Samlungen II S. 249)
I. Schon früh zeigen die Belege den ungewöhnlichen Ausfall des -s- in der Kom- positionsfuge, das in dem Beleg von 1487-1488 noch einmal auftritt. Der zweite Teil des BW erfährt im weiteren Verlauf der Entwicklung als entscheidenden Wandel: Das unbetonte -a- wird zu -e- abgeschwächt und das -m- fällt. Das GW -torpe entwickelt sich über -dorp unter hd. Einfluß zu -dorf.
III. Im GW enthält der ON asä. thorp „Dorf“ und im BW den stark flektieren- den, zweigliedrigen asä. PN Wîgman (Schlaug, Altsächs. Personennamen S. 176f., Schlaug, Studien S. 162; Förstemann, Personennamen Sp. 1586). Dem PN zugrunde liegt germ. wîg „Kampf“ und germ. man „Mann“.