"Als Kavaliershaus oder Kavalierhaus (von Kavalier, französisch chevalier, italienisch cavaliere, „Ritter“ sowie „Reiter“), auch Cavalierhaus oder Cavaliershaus genannt, bezeichnete man seit dem Barock ein Gebäude, das als Teil eines Schlossensembles der Aufnahme des Hofstaats diente.
Die eingedeutschte Bezeichnung des Kavaliershauses leitet sich von den ursprünglich den Reitern, also Rittern vorbehaltenen Gebäuden ab. Später wurde der Name synonym für diejenigen Gebäude einer Schlossanlage verwendet, die nicht direkt durch die jeweilige Fürstenfamilie bewohnt waren. Im Kavaliershaus fanden Angestellte des Hofes, hohe Beamte, Kuriere oder Gäste ihren Platz."
Wikipedia, URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Kavaliershaus
Das Kavaliershaus in Bissendorf
(verschiedene Ansichten)
Das sog. Kavaliershaus in Bissendorf, mit dem nördlich gelegenen Amtshof , Westseite, Eingang
Das Kavaliershaus von Osten, von der Burgwedeler Straße aus gesehen
Alle Fotos: Karen Kolp
Zur Geschichte:
Die Baugeschichte des Kavaliershauses ist an manchen Stellen unklar. lückenhaft und widersprüchlich: Auf zwei Informationstafeln an der Vorder- und Rückseite des Gebäudes werden unterschiedliche Baudaten angegeben, nämlich 1629 und 1620.
Das Landesamt für Denkmalpflege betrachtet das Haus unter Denkmalgesichtspunkten, nicht unter vorrangig historischen. Außerdem sieht es eine enge architektonische Verbindung mit dem daneben befindlichen Amtshof.
"Das hofseitig anschließende Nebengebäude wurde hingegen als nur fünf Gefache langer Fachwerkbau abgezimmert und erinnert in seinen bescheidenen Maßen an die Speicherbauten dieser Region
(heute Museum). [...]
Trotz ihrer unterschiedlichen Dimensionen verbinden beide Bauten die zeittypische Abzimme-
rung als geschossweise vorkragender Stockwerkbau und die damals beliebte Konstruktion
kurzer, paarweise angeordneter Kopf- und/oder Fußbänder, die die enge Ständerstellung
der Außenwände absicherten (ein Großteil dieses Gefüges ging beim speicherartigen Fach-
werkbau bei nachfolgenden Umbauten verloren, konnte aber beim Rückbau 1999 rekon-
struiert werden). Nach einer umfassenden Instandsetzung 1985/86 zeigen beide Bauten
wieder ihr beeindruckendes differenziertes Dekor. "
Quelle: Baudenkmale in Niedersachsen, Herausgegeben von Christiane Segers-Glocke, Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Baudenkmale in Niedersachsen Band 13.2 , S. 483 ff.
Fachwerk des Kavaliershauses
Der bekannte Lokalhistoriker Helmuth Hahn liefert auch keine umfassende Baugeschichte, sondern beschäftigt sich ebenfalls vorwiegend mit architektonischen Betrachtungen:
"Das Kavaliershaus oder die alte Schreyberei oder das Hinterhaus genannt
An der Südwand konnte man vor Jahren noch im Seitenlicht die Inschrift:
ANNO : DOMINI : 1620 : RODER STOCKMAN erkennen. Sicherlich der Zimmermann, der das Hinterhaus errichtet hat. Obwohl die Baumeister eigentlich nur Abkürzungen ihrer Insignien gebrauchten.
Die Ostwand zeigt einen verstümmelt nicht verständlich lesbaren farblich restaurierten Spruch, der ergänzt folgendermaßen lautet:
IM : GELUCHKE : VORLEBEDT : JU : NICHT : IM : UNGELUCHKE : VORZAGEDT : NICHT : WENTE : GOD : IST : DER : MAN : DE : GELUCHK : UND : UNGELUCHK : WENDEN : KAN.
Ins Hochdeutsche übertragen: Im Glück sei nicht übermütig, im Unglück verzage nicht, denn Gott ist der Mann, der Glück und Unglück wenden kann.
Die Klärung des Spruches an der Westseite des Kavalierhauses gelang erst im Januar 1997 [...]
(Die niederdeutsche Inschrift lautet) UP : DAT : AL : DE : AN : EM : GELOVEN : NICHT : VERLOREN : WERDEN : SONDERN : DAT : EWIGE : LEVEN : HEBBEN : GODT : HEFT : SINEN : SON : GEVEN.
(Übertragen): Denn also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“. Evangelium Johannis Kapitel 3 Vers 16 .
Quelle: Hahn Helmuth, Bildchronik Bissendorf, Bissendorf 2001, Band I, S. 101
Eine ausformulierte längere Textfassung befindet sich beim "Freundeskreis des Richard-Brandt-Heimatmuseums", die sich aber auch im wesentlichen auf die o.g. Ausführungen stützt.
Ornamentik:
Die geschnitzten Ornamente im Gebälk des Kavaliershauses und des Amtshauses zeigen die historische und architektonische Verwandtschaft.
Fotos: Reiner Linnemüller
Historische Fotos:
Ostseite, 1930
Hinweis von Peter Schulze, Bissendorf:
|