Renovierung und Neugestaltung eines alten Hofkomplexes:
Das alte sog. Bartenshaus in Bissendorf, das jahrelang von der letzten Eigentümerin nur teilweise bewohnt worden war und seit ihrem Tod leer stand, hat jetzt einen neuen Eigentümer gefunden, der den aus mehreren Gebäuden bestehenden Komplex restaurieren und umgestalten will. Dabei soll die notwendige Modernisierung in der Dorfmitte den historischen Charakter der Fachwerkbauten erhalten.
Der Bartenshof im August 2020 nach den ersten Aufräumungsarbeiten:
Alte Hofstelle darf abgerissen werden Denkmalschutz erteilt Genehmigung für Bissendorf / Wertvolle Bauteile sollen gerettet werden
Von Andreas Krasselt
Bissendorf. Der Dachstuhl ist bereits abgebaut, was dem Rest des historischen Fachwerkgebäudes an der Gottfried-August-Bürger- Straße 2 in Bissendorf ein merkwürdig plattes, fast flunderartiges Aussehen gibt. Doch dabei wird es nicht bleiben. Das Landesamt für Denkmalschutz und die Denkmalschutzbehörde der Wedemark haben jetzt dem Eigentümer die Genehmigung erteilt, das ehemalige Wohnhaus, bekannt als Dedecke oder auch Bartens Hof, komplett zurückzubauen. Die Gebäudesubstanz des Fachwerkhauses sei so marode, dass es eigentlich komplett saniert werden müsse, davon haben sich die Fachleute überzeugt. „Das käme dann allerdings einem Neubau gleich", resümiert Ute dela Bursi, zuständige Sachbearbeiterin in der unteren Denkmalschutzbehörde der Gemeinde Wedemark. Deshalb sei man rechtlich nicht umhingekommen, eine Abbruchgenehmigung zu erteilen. Diese Entscheidung sei den Beteiligten nicht leicht gefallen, wäre aber unumgänglich. Das Gebäude wurde in seiner langen Geschichte aus zwei bis drei verschiedenen, nicht zusammen passenden Bauabschnitten errichtet. Die wirkten zusammengewürfelt, da sind sich die Fachleute beider Ämter einig.
Weichhölzer sind zerfressen Die Konstruktionen seien statisch nicht aufeinander abgestimmt und könnten damit eine potezielle Gefahr darstellen, ist ihre einhellige Meinung. Es seien zudem viele Weichhölzer verbaut worden, die über die Jahrzehnte stark gelitten hätten. „Die sind zerfressen und kaputt", hält dela Bursi etwas resigniert fest. „Die Gebäudeinstandhaltung wurde von der Eigentümerin über viele Jahre vernachlässigt. Zudem gibt es riesige Eichenholzbalken, die unkoordiniert in der Decke liegen." Diese passten ebenfalls nicht ins Gesamtgefüge. Das Denkmal müsse nach Angaben der Spezialisten als verloren betrachtet werden. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge beobachtet auch Ortsbürgermeisterin Susanne Brakelmann (CDU) die Entwicklung. „Wir haben die Situation gemeinsam mit der Verwaltung begleitet. Natürlich liegt uns der Denkmalschutz am Herzen, und es wäre schön gewesen, wenn das Gebäude erhalten worden wäre", betont Brakelmann. „Andererseits sind wir im Ortsrat froh, dass es nun zu einer Entscheidung gekommen ist. Jetzt hoffen wir, dass es mit den Beratungen weiter vorangeht im Sinne der Gestaltungssatzung.“
Bauteile werden gerettet Vor Ort werden nun die wertvollen Bauteile des Gebäudes gerettet. Ein Bauforscher hat dazu dendrochronologische Untersuchungen vorgenommen, Fachleute sichern die wertvollen Elemente. Zudem hat der Eigentümer die Auflage bekommen, eine ausführliche Baudokumentation zu erstellen. „Der große Kachelofen des Hauses ist bereits gesichert und von einer Fachfirma aus dem Unternehmerverband Historische Baustoffe e.V. abgebaut worden. Er wird sicherlich fachgerecht ein zweites Leben erhalten", hofft Ute dela Bursi. Für weitere Bauelemente wie die alten Dielen und Innentüren hätten sich auch schon Interessenten gemeldet. Die laufende Dokumentationsphase wird voraussichtlich bis Ende Januar dauern. Erst dann gehe der systematische Rückbau des Hauses weiter, natürlich müsse der dann auch gewissenhaft dokumentiert werden. Das Bebauungsplanverfahren könne nun im neuen Jahr fortgesetzt werden, so Susanne Bischoff, Fachbereichsleiterin Planen und Bauen bei der Gemeindeverwaltung. „Die Eckpunkte dafür sind bereits im vierten Quartal 2022 .beschlossen worden," erläutert Bischof, sie freue sich darüber, dass das im konstruktiven Austausch mit dem Ortsrat Bissendorf, dem Ausschuss Planen und Bauen sowie dem Verwaltungsausschuss sehr ziel- und lösungsorientiert und reibungslos erfolgt sei.
Verfall hinter Bauzaun Jahrelang war an dem Grundstück nichts passiert. Passanten bot sich im Bissendorfer Ortszentrum das Bild eines Bauzauns mit baufälligen, abgestützten Gebäuden dahinter. Genau gegenüber ziehen Bürgerhaus und Bibliothek viele Besucher an. Amtshof und Amtshaus bieten mit dem regionsweit beliebten Standesamt Hochzeitsgesellschaften ein attraktives Ambiente, Gäste fahren an und suchen dort Parkflächen. Ein Kontrast, der den Ortsrat immer ungeduldiger werden ließ.
Für 1,44 Millionen Euro offeriert Anfang 2020 war die große Hofstelle für 1,44 Millionen Euro im Internet angeboten worden. Ein privater Käufer, der nie namentlich genannt sein wollte, stieg noch vor der Versteigerung ein; er wollte das in Teilen denkmalgeschützte Ensemble behutsam ausbauen. Die Gemeinde sicherte angesichts drohender Veränderungen den gesamten Bereich großflächig mit dem Aufstellungsbeschluss zu einem Bebauungsplan in der Ortsmitte. Dadurch könne keiner in dem ganzen Areal über Nacht Pläne umsetzen, sagte Brakeimann damals. Aber weiteren Stillstand wollte sie auch nicht. Nun ist Bewegung in die Sache gekommen. Für den Abbau der Dachziegel und der Sparren an dem Haus hatte der Eigentümer eine Fachfirma beauftragt. Flankierende Maßnahmen wie die Fällung einer Linde, denAbbruch des Anbaus an der Durchfahrtscheune und den Abbruch eines hinteren kleinen Hauses Richtung Tattenhagen hatte die untere Denkmalschutzbehörde ebenfalls genehmigt. Nun wird mit Spannung erwartet, wie es weitergehen wird - und auch, wie das Objekt künftig genutzt wird.
Reine Wohnbebauung geplant Der Eigentümer hatte laut Brakelmann ursprünglich angekündigt, dass er sich eine soziale Einbindung des Projekts in das Dorf vorstellen könnte. „Wir hätten uns eine soziale Komponente gewünscht", so die Ortsbürgermeisterin. „Wir brauchten so dringend eine neue Unterkunft für das Museum. " Aber das ist offenbar vom Tisch. „Es geht jetzt um reine Wohnbebauung, aber die brauchen wir ja auch dringend." Schließlich gehe es ja auch nicht, eine solche Fläche mitten im Wohngebiet brachliegen zu lassen. Immerhin sichert schon jetzt die Gestaltungssatzung, dass dort kein architektonischer Wildwuchs entstehen kann. „Eine Luftigkeit und die Chemie des Ortes sollen erhalten bleiben", betont Brakelmann. „Es wird keine Zweigeschossigkeit geben, aber die Menschen wollen heute natürlich auch im Stehen duschen können. Es ist auch nur Fachwerk oder eine Ziegelfassade möglich. " Moderne Bauhausarchitektur sei dort fehl am Platz.
Hofschilder des Verschönerungsvereins zu den beiden Hofgebäuden:
Hof- und Familiengeschichte des Hofes Nr. 46 in Bissendorf
Hofname: Bartens Hof
Anschrift: Gottfried-August-Bürger-Str. Nr. 2
Ursprünglich war hier eine Pfarrköthnerstelle, die den Hauszins und Fleischzehnten an den Pfarrhof zu leisten hatte, auch mußte der Köthnerschilling an den Küster gezahlt werden. Zu unbekannter Zeit - sicher vor 1568 - gewann der Hof einen Dreiviertel-Meieranteil unter Hans Bartram zu dieser Köthnerstelle hinzu. Aus Bartram leitet sich auch der Hof-name Bartens ab. [...] 1589 im Viehschatzregister wurden zwei Pferde, 12 Kühe bzw. Rinder und sieben Hausschweine ausgewiesen. Im Kontributionskataster von 1678 hat der Hof 37 Morgen Saatland und 11 ½ Fuder Heu Wiesenwuchs. An Viehbestand zwei Pferde, 13 Stück Hornvieh und drei Hausschweine. Bei der Gemeinheitsteilung 1838 bekommt der Hof 54 Morgen Weideland zugeteilt. In der Grundsteuermutterrolle von 1875 stehen jetzt Theodor August Dangers, der die ganzen Ländereien des Hofes Nr. 46 gekauft hat, 117 Morgen an Acker- und Wiesenländereien zur Verfügung. Dafür zahlt er 99 RM an Steuern.
Die Familie Bartens, auch >Bartrambs< geschrieben, war von 1568 bis 1845, also 300 Jahre ohne sichtbare wirtschaftliche Schwierigkeiten als Wirte auf dieser Stelle. Lediglich um 1700 wird in der Kirchenvisitation beschrieben, daß zwei Söhne des Hans Bartens, nämlich Curd geb. um 1668 und Christoph, geb. um 1665, eine Geisteskrankheit gehabt hätten. Curd, der wohl nach der Krankheitsbeschreibung eine Depression gehabt hat, sei deshalb lange arbeitsunfähig gewesen, und sein Zustand hätte ihn bedauerlicherweise vom Kirchgang abgehalten. Trotz einer Besserung sei er beim >Filler< (Abdecker in Bennemühlen) in Behandlung gestanden. Über den Ausgang der Krankengeschichte erfahren wir nichts. Sein Bruder, der Hoferbe Christoph B., macht infolge einer Depression seinem Leben selbst ein Ende, indem er sich 1706 mit 40 Jahren erhängte. Warum Johann Jürgen Bartens (1806 – 1885), der letzte Hauswirt, seinen Hof an den Branntweinbrenner Carl Hauffen für 5000 Reichsthaler (= rtl) verkauft hat, obwohl ein verheirateter Hoferbe, Johann Heinrich Friedrich B., geb. 1833, und eine Tochter Karoline Marie B., geb. 1839, vorhanden waren, wird nicht berichtet. Hauffen gibt die Ländereien des Hofes Nr. 46 wegen eigener wirtschaftlicher Schwierigkeiten um 1847 käuflich an den sehr wohlhabenden Kaufmann Theodor August Dangers in Bissendorf Nr. 64 ab. Die Eltern Bartens haben ihre eingetragene Leibzucht in dem Altenteilerhaus verbracht, das ganz im Westen des Hofes an der Ausfahrt zum Tattenhagen steht. Er stirbt 79jährig 1885 in Bissendorf. Der Verbleib seiner Frau ist unbekannt. Sein jüngerer Bruder Jürgen Friedrich Conrad B. lebt als Tischler und Anbauer auf dem Hof Nr. 82 am Nordrand des Dorfes an der Koopfore Nr. 1. (Das Haus ist 1972 abgerissen worden.) Um 1847 erwirbt Hans Heinrich Friedrich Dedecke (1786 – 1863), der Kirchenrechnungsführer, Registerschreiber und Geschworener im Amt war, von Hauffen den Binnenhof der Nr. 46 und verkauft an denselben im Tauschverfahren seinen kleinen väterlichen Binnenhof Nr. 2. Dedecke ist durch seine Dienstleistungstätigkeit sehr vermögend geworden und hat seinen landwirtschaftlichen Betrieb mit 32 Morgen nur so groß gehalten, um sich selbst versorgen zu können. Für die 32 Morgen zahlt er 26 Reichsthaler an Steuern. In den dreißiger Jahren bewirtschaftet der Urenkel des Registerschreibers, Hans Dedecke (1892 – 1980), insgesamt 80 Morgen. Um 1923 erwirbt er den benachbarten Binnenhof der Nr. 45, den >Reinotten Hof<. Beide Höfe befinden sich noch im Familienbesitz und werden noch landwirtschaftlich genutzt.
Das Hauptgebäude ist ein 12 x 22 langes Zweiständerhaus. 1821 ist mit dem Geld des Brautschatzes von Marie Pörtjens der Wirtschaftsgiebel in Form eines Vierständerhauses erneuert worden. Auch der Wohnteil des Hauses wurde verlängert und die Westfront neu aufgeführt. Das Kernhaus ist auf der Diele und in den anliegenden Ställen noch gut zu erkennen und dürfte ungefähr aus dem Jahre 1700 stammen.
Die Hausinschrift im Türjochbalken lautet: 1821 Hans Heinrich Bartens (1764 – 1839) Catherine Marie Pörtjens (1764 – 1845) (Heirat 1802) Inschrift im Giebelschwellbalken: Mit Gott ist dieses Haus gebaut und seiner Obhut anvertraut; Er segne und behüte dieses Haus durch seine Güte und bewahre es stets in Gnaden für Feuersgluth und allem Schaden. Meister L. H. Evers Die Inschrift in der Brunnenkrone aus Sandstein: 1696 Christoph Bartens(1665 – 1706)Anna Lindeman(1669 – 1733) Der Brunnen befindet sich nicht mehr auf dem Hof. Der Kronenstein mit dem Namen des damaligen Hofbesitzers ist nach außerhalb verschenkt worden. Ein unbeschrifteter 1/5 Stein ist in den Brunnen von Nr. 65 gesetzt worden. Die Reststeine mit der Inschrift der damaligen Hausfrau >Anna Lindemans< stehen, jetzt mit Ersatzstücken versehen, an der Ostseite im Garten des Kavalierhauses.