Gerhard Wrede in "Erinnerungen eines alten Gailhofers", 1997:
"Am Großen Hessenweg in der Sandgrube von Ludwig Giesecke (heute Babek) habe ich in den 20er Jahren eine Urne gefunden.
Scherben dieser Urne hat die Schule aufbewahrt. Der damalige Lehrer war Herr Meyer. Es hat daufhin eine Grabung vom Provinzial-Museum Hannover stattgefunden, man ist aber nicht weiter fündig eworden.
Es war ja auch schon ein großer Teil des oberen Bodens abgetragen und zum Hausbau verwendet worden.
26 Fuder Sand wurden allein 1923 zum Bau unseres Hauses (Nr. 22) verbraucht."
Denkmalschutz 2021: Untersuchung am Neuen Hessenweg wegen möglicher Bodenfunde
Fotos: Reiner Linnemüller, 10.1.2021
Ausweitung der Grabungen (Ende März 2021)
Juni 2021 Fotos: Reiner Linnemüller
Grabung beim "Jugend-, Gäste- und Seminarhaus Gailhof":
Im Mai 2021 wurde in Gailhof gegenüber dem Jugend-, Gäste- und Seminarhaus, Straße Am Jugendheim, mit archäologischen Grabungsarbeiten begonnen. Bedeutende Ergebnisse sind nicht bekannt geworden.
Fotos: Reiner Linnemüller, Juni 2021
Erste Grabungsergebnisse, gemeldet von der Gemeinde Wedemark:
Gemeinde Wedemark freut sich über detaillierte Rückmeldung des Niedersächsischen Landesamts für Denkmalpflege zu den Ausgrabungen in Gailhof Ausführlicher Ausgrabungsbericht der Archäologinnen und Archäologen – Behörde äußerst sich zu archäologischer Fundstelle aus der Jungsteinzeit
In den letzten Jahren fanden mit Begleitung des Landesamtes für Denkmalpflege auf den Gewerbeflächen am Bremer Weg in Gailhof ausführliche archäologische Untersuchungen statt. Bereits als eine archäologische Fundstelle aus der Jungsteinzeit bekannt, kamen nun Funde zutage, die auf eine Siedlung der Eisenzeit in der unmittelbaren Nachbarschaft hinwiesen.
Die Grabungsfirma ArchaeoFirm Poremba & Kunze GbR aus Isernhagen legte seit Januar 2021 auf einer Fläche von 120.000 m2 unter Aufsicht eines Archäologen in Südwest-Nordost-Richtung von einem Bagger 14 Sondierungstreifen von jeweils 4 Metern Breite im Abstand von ca. 20 Metern an. Nach dem Abtrag des Oberbodens zeigten sich in diesen Schnitten deutliche Befunde einer prähistorischen Siedlung, so dass die Grabungsflächen anschließend sukzessive erweitert wurden, um den Siedlungsplatz möglichst komplett im Zusammenhang erfassen zu können. Die Grabungen wurden am 30.07.21 abgeschlossen. Insgesamt konnte hierbei eine Fläche von knapp 64.000 m2 untersucht werden, das entspricht etwas mehr als der Hälfte der Gesamtfläche. In den übrigen Bereichen fanden sich keine archäologischen Befunde und Funde. Nach dem vorliegenden Grabungsbericht der Firma ArchaeoFirm wurden im Zuge der archäologischen Untersuchungen 2161 Bodenverfärbungen dokumentiert, von denen sich 1435 als archäologisch relevant erwiesen: 1036 Pfostenstellungen von ehemaligen Gebäuden und Einhegungen, 369 Gruben von bis zu 1,6 m Tiefe mit unterschiedlichen Funktionen (Abfallgruben, Vorratsgruben, Lehmentnahmen u.a.m.), 11 Grabenstrukturen, mindestens 8 Pfostenstrukturen von Gebäuden, 3 Feuerstellen, 1 Grubenkomplex, 1 Urnengrab (Einzelbestattung) sowie Keramikstreuungen und Restauflagen.
Beim derzeitigen Stand der Aufarbeitung zeichnen sich als Kern der Siedlungsstelle 4 Häuser jeweils mit Wandgräben und Pfostenstellungen ab. Als Gesamtkomplex sind diese Gebäude gut erkennbar, wenn auch die Einzelbefunde zum Teil schlecht erhalten sind und nur die Sohle der ehemals in den Erdboden eingegrabenen Pfosten noch erkannt werden konnte. Hinzu kamen als Wirtschaftsgebäude mehrere kleine Pfostenspeicher. Mehrere Pfostenreihen dienten möglicherweise als Einhegungen. Weitere, sehr dichte Pfostenkonzentrationen – vor allem im Südosten der Untersuchungsfläche – lassen sich im derzeitigen Stadium noch nicht klar weiteren einzelnen Gebäuden oder Einhegungen zuordnen. Wahrscheinlich überlagern sich dort auch mehrere Strukturen aus unterschiedlichen Zeithorizonten. Die Pfostenlöcher haben Durchmesser zwischen 15 und 55 cm, zum größten Teil sind sie allerdings eher klein; dabei erreichten sie Tiefen von 10-58 cm unter dem Baggerplanum. Die Gruben waren zum Teil gut erkennbar und relativ deutlich abgegrenzt vom umgebenden Substrat und enthielten reichhaltiges keramisches Fundmaterial. Die Breite der Gruben beträgt 60 cm bis 4,35 m, ihre erhaltene Tiefe schwankt zwischen 10 cm und 1 m.Die mit grobem Sand gemagerte Fundkeramik stammt meist von dickwandigen Vorratsgefäßen und Kugeltöpfen. Die dünnwandigen, fein gemagerten und geglätteten Keramikfragmente gehören. zu Schalen und kleinen Bechern. Einige Gefäße sind verziert mit Fingertupfeneindrücken oder einfachen Ritzlinien. Viele Flintgeräte wurden geborgen, darunter vor allem Klingenbruchstücke, Abschläge sowie zwei sehr feinretuschierte Pfeilspitzen. Außerdem fanden sich in den Pfosten und Gruben zahlreiche Spinnwirtel, die Zeugen einer Herstellung von Textilien vor Ort sind.Im südwestlichen Bereich der Ausgrabung konnte eine als besonderer Befund noch eine Urnenbestattung dokumentiert werden. Leider waren die oberen Teile der Urne nicht mehr vollkommen erhalten. Aber der untere Teil des Grabgefäßes mit viel Leichenbrand konnte geborgen werden. Das Keramikmaterial der Ausgrabung und damit das Alter der freigelegten Siedlung lässt sich in den Übergang von der Bronzezeit zur Vorrömischen Eisenzeit datieren, also etwa in das 8. bzw. 7. Jahrhundert vor Christus.
Zurzeit werden die Funde aus der Grabung gereinigt, beschriftet und magazingerecht verpackt. Außerdem wird die während der Grabung angefertigte Dokumentation in Form von Fotos, Zeichnungen und Vermessungsplänen sowie den Befundbeschreibungen und den Grabungstagebüchern aufgearbeitet und ein Abschlussbericht angefertigt. Anschließend gehen Dokumentation und Abschlussbericht an das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpfleg und werden gegebenenfalls einer wissenschaftlichen Auswertung z. B. im Rahmen einer Bachelor- oder Masterarbeit angeboten, bevor sie endgültig an das Niedersächsische Landesmuseum Hannover übergeben werden. Durch die notwendig gewordenen Ausgrabungen ist das neue Gewerbegebiet sozusagen nebenbei ein Glückfall für die Archäologie und Geschichtsforschung geworden. Denn ohne die wegen der Bebauung geforderten Erkundungen, wären die gefundenen Artefakte dem weiteren Verfall ausgeliefert geblieben.
Meldung vom 23.12.2021 Letzte Aktualisierung: 06.01.2022