Karl Montag - ein berühmter Geigenbauer aus der Wedemark
Im Jahre 1952 zog der damals unbekannte Maler und Musiker Karl Montag aus Sachsen nach einer Scheidung und einer Erkrankung in das Quitmeyersche Haus in Wennebostel. Nach dieser Lebenskrise startete er hier eine neue Phase seines Lebens und begann mit dem Literaturstudium zum Geigenbau. Er las alles, was es über die berühmten Geigenbauer in Italien und Frankreich zu bekommen gab und erlernte die erforderlichen Techniken im Selbststudium. Eine Geige des berühmten französischen Geigenbauers des 19. Jahrhunderts Jean Baptiste Vuillaume diente Montag als Muster für seine Entwürfe; diese Geige hatte ihren Klang aufgrund einer zu starken Wärmebehandlung verloren und konnte von Montag in ihre Bestandteile zerlegt werden. Er vermaß sämtliche Geigenteile sehr präzise und entwarf danach seinen Plan für seine zukünftigen Geigen. Sieben Jahre dauerte es, bis die erste Geige vollendet war, die Montags Ansprüchen genügte. Seit Ende der 1950er Jahre baute Montag als echter Autodidakt insgesamt 19 Geigen. Für die ersten Geigen benötigte er jeweils ein Jahr! Seine Werke stellte er auch so bekannten Geigern wie David und Igor Oistrach sowie Yehudi Menuhin vor – sie beurteilten seine Werke durchweg sehr positiv. So wurde Karl Montag einer der bekanntesten deutschen Geigenbauer des 20. Jahrhunderts – von gelernten Geigenbauern wenig geschätzt, aber von Musikern viel gelobt!
In seiner Expertise schrieb z.B. David Oistrach 1971: „Die Geige klingt gut, weich, gleichmäßig und genügend stark; auf ihr zu spielen ist leicht, angenehm, der Ton ist hervorragend und edel. Ich beglückwünsche Herrn Montag aufrichtig-herzlich zum Resultat seiner erfolgreichen Arbeit.“
Als weiterer Beleg für die Güte der Montag-Geigen mag ein Gutachten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig gelten. Darin wurden die Resonanzkurven von Stradivari-Geigen und Montag-Geigen verglichen, wobei in vielen Bereichen hohe Übereinstimmungen festgestellt wurden. Diese Geschichte des berühmten Geigenbauers können Sie im Richard-Brandt-Heimatmuseum Wedemark nacherleben. Das Museum ist in der glücklichen Lage, große Teile der Geigenbauwerkstatt mit teils selbst gefertigten Werkzeugen, Literatur zum Geigenbau und einige seiner Gemälde im Kavalierhaus zeigen zu können, die der Gemeinde von der Karl-Montag-Gesellschaft als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt wurden. Dieser Verein kümmert sich um das Erbe von Karl Montag und veranstaltet in regelmäßigen Abständen Konzerte in der Wedemark, in denen auch originale Montag-Geigen bespielt werden. Zuletzt gab es im Jahre 2018 ein großes Konzert in der Brelinger St.-Martini-Kirche zur Erinnerung an den 100. Geburtstag von Karl Montag. Karl Montag war nicht nur Maler, Musiker und Geigenbauer, er war technisch interessiert und versuchte sich auch an verschiedenen Erfindungen und Entwicklungen. So erwarb er – teilweise mit einem Partner – insgesamt sieben Bundespatente, z.B. die sog. Zwiebisszange und eine Schulterstütze für Geigen. Diese Erfolge führten jedoch zu keinem kommerziellen Erfolg. Montag bekam damals als einer von 25 Künstlern eine finanzielle Unterstützung der Stiftung Deutsche Künstlerhilfe; gelegentlich arbeitete er auch bei der nahegelegenen Firma Sennheiser, um Geld für seinen Lebensunterhalt und für Materialien zum Geigenbau zu haben.
Nur wenig ist über die jungen Jahre und das Privatleben von Karl Montag bekannt: Dem Nationalsozialismus gegenüber war der junge Montag sehr kritisch eingestellt. Nach seiner Einberufung zur Wehrmacht wurde er aufgrund seiner entsprechenden Äußerungen und Einstellung nach sechs Monaten wieder entlassen. Im Krieg verdiente er sich seinen Lebensunterhalt als Alleinunterhalter und mit Malerei. Nach dem Krieg wohnte er in einer Kleinstadt in Thüringen und trat dort der Ost-CDU bei. Er kam aber bald zu der Einsicht, dass auch diese Partei nur Teil im System einer neuen Diktatur war. Montag war zweimal verheiratet, aus beiden Ehen hatte er jeweils ein Kind. 1974 zog Karl Montag nach Warpe bei Nienburg, wo er seine Kenntnisse im Geigenbau vervollständigte und weitere Geigen erschuf. 1980 lernte er seine Lebensgefährtin und spätere Verlobte Ursula Haug in Hannover kennen. Als Montag im Jahre 1982 starb, kümmerte sie sich mit Freunden aus der Zeit in der Wedemark um das Erbe von Karl Montag. Bestattet ist Karl Montag auf dem Engesohder Friedhof in Hannover.
von Karl-Hans Konert (ehemaliger Leiter des Richard-Brand-Heimatmuseums Wedemark)
Video mit und über Karl Montag (Bild bitte anklicken und anschließend im Bild "Video herunterladen")
Quelle: Karl Montag im "Kulturspiegel", NDR, 1979
Karl-Hans Konert: "Aber man kann Karl Montag auch heute noch „live erleben“ in einem Film des NDR aus dem Jahre 1979 auf unserer kleinen Videoanlage in der Ausstellung des Heimatmuseums in Bissendorf. Hier erläutert Montag dem Moderator die wichtigsten Schritte beim Bau einer Geige, weist auf besondere Schwerpunkte hin und zeigt vor allem seine unglaubliche Leidenschaft, mit der er ans Werk ging. Auch ein Freund von Karl Montag, der damals noch junge Geiger Amadeus Heutling – später Violinist bei den Berliner Philharmonikern – spielt auf einer Montag-Geige und preist ihre Vorzüge."
Fotos der Exponate im Richard-Brand-Heimatmuseum in Bissendorf